14.01.2014
Inge Dapunt und Gödels zweiter Unvollständigkeitssatz

Die Aufnahmen entstanden am 17. September 2013 im Vorarlberg Museum.

Kurt Gödel hat mit seinem berühmten 1931 formulierten Unvollständigkeitssatz die theoretische Basis mathematischer Beweisführung fundamental ins Wanken gebracht. Mit einem Schlag war der Traum von der Widerspruchsfreiheit der Mathematik und damit von der Hoffnung, die Welt wäre irgendwann einmal beschreibbar mit Hilfe von logisch genau definierbaren Elementen, ausgeträumt. Nicht zu Unrecht steht Gödel deshalb in der Ruhmeshalle der Denker in unmittelbarer Umgebung anderer Verantwortlicher für den größten wissenschaftlich-philosophischen Paradigmenwechsel des 20. Jahrhunderts, nämlich Einstein und Wittgenstein.

Dass sich eine Bludenzer Mundartdichterin in einem beim Dornbirner Verlag unartproduktion im September 2013 erschienenen Büchlein mit Gödels logischer Beweisführung auseinandersetzt, verwundert nur solange, bis man erfährt, dass sie bereits in den 70er-Jahren sprachspielerische und experimentelle Lyrik verfasste. Viel verwunderlicher ist es, dass Dapunt seit 1974 kein Buch mehr veröffentlicht hat. Es ist wohl Ulrich Gabriels Begeisterungsfähigkeit und Überredungskunst zu verdanken, dass die so lange Verstummte endlich wieder spricht. Eine Wiederentdeckung, für die man Ulrich Gabriel nicht dankbar genug sein kann.

Bei der Präsentation des Bandes, der den Titel Gödels zweiter Unvollständigkeitssatz für einsilbige Vorarlberger trägt und für den Gottfried Bechtold das vielleicht längste Cover der Buchgeschichte beigesteuert hat, las Dapunt allerdings nicht selbst, sondern ließ sich von ihrer Dichterkollegin Imelda Neuhauser aus Dalaas vertreten, deren Mundart vermutlich nicht weit von der entfernt ist, die man in Bludenz spricht.

Hier zu hören sind zwei Texte. Einmal der Schlüsseltext des Bandes Bschiss kunt ufn Tisch, für den Dapunt eine sprachspielerische Reflexion des amerikanischen Logikers George Stephen Booles über Gödels zweiten Unvollständigkeitssatz in die Bludenzer Mundart übertragen hat. Auch sie tat es, so wie Booles, indem sie nur Wörter mit jeweils einer Silbe verwendete. Und als zweites hören sie eine Satire über den österreichischen PISA-Fetischismus, der in gewissem Sinn das Nachwort des Bandes bildet.

Zur Autorin
Inge Dapunt, geboren 1943 in Zams. Sie wuchs in Tirol und Bludenz auf. Besuch einer Lehrerbildungsanstalt, anschließend Sprachstudien in England und den USA. Heute lebt sie in Salzburg.

Bschiss kunt ufn Tisch [Mundart] 4:07 min Details anzeigen
Aufzeichnungsdatum
17. September 2013
Produktion
ORF Landesstudio Vorarlberg 2013
Stimme
Imelda Neuhauser
Quelle
Inge Dapunt. Gödels zweiter Unvollständigkeitssatz für einsilbige Vorarlberger. (Covergestaltung Gottfried Bechtold), unartproduktion, Dornbirn 2013
Nömmor omol ah [Mundart] 12:13 min Details anzeigen
Aufzeichnungsdatum
17. September 2013
Produktion
ORF Landesstudio Vorarlberg
Stimme
Imelda Neuhauser
Quelle
Inge Dapunt. Gödels zweiter Unvollständigkeitssatz für einsilbige Vorarlberger. (Covergestaltung Gottfried Bechtold), unartproduktion, Dornbirn 2013